Anne Katrin Feßler / Tropensturm überm Nadelstreifteich / Der Standard

Manfred Grübl führt in das Hinterland des Kunstbetriebs: "Bernstein-Lager " heißt seine Schau im Kunstraum Bernsteiner

Wien - Klack. Die Jalousien öffnen sich, geben den Blick auf ein Inneres frei. Klack. Die Metalllamellen schließen sich wieder, fahren ein Stück weiter hinauf. Klack. Auf. Klack. Zu. Das Spiel, wiederholt sich, und während man sich noch fragt, ob man schnell unten hindurchschlüpfen sollte, in den von Jalousien begrenzten Raum hineintauchen, rattern diese gemächlich wieder ganz hinab, verbergen das Innere. Um diesen Betrachtungsraum, der viel eher gedanklicher Natur ist, geht es Manfred Grübl. Gleich daneben geht es allerdings darum, Gedanken - oder vielmehr Denkweisen - in eine tatsächliche Raumerfahrung zu transformieren: Praxis statt Theorie also. Grübls Begehbare Burka, der Größe wegen einem Beduinenzelt nicht ganz unähnlich, persifliert das muslimische Kleidungsstück, denn Hinausschauen gestaltet sich in diesem Versteck als unlösbares Kunststück. Eine Stichelei, gefertigt aus plissiertem dunkelblauem Nadelstreif, die wohl auf die Strenge des praktizierten Machismo abzielt. Das maskuline Textil hat Grübl in der Schau Bernstein-Lager aber noch ein weiteres Mal eingesetzt. In der Installation Haiyan (2014) tobt der Tropensturm aus dem Lautsprecherbaum über den Nadelstreifteich. Zugleich verweist dieser Teppich in Fischgrätoptik auf den privaten Bereich und damit auf ein wesentliches Moment: Grübl stört das Gefüge eines klassischen Ausstellungsraums, verwandelt ihn - so der Titel - in ein Lager, eine Art Hinterland künstlerischer Produktion, die sich mit dem Atelier und dem Lebensraum des Künstlers verquickt. In den Regalen stapeln sich Bilder, aber auch eine leere Monitorschachtel. Das "Lager" im Ausstellungsraum macht daraus flugs ein Objekt.

(Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 29.4.2014)

Finissage und Präsentation der Kunstzeitschrift "Version Nr. 2", Liveact: Didi Kern / Philipp Quehenberger, Dienstag, 29.4., 18.00

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