Anne Katrin Feßler / Autarke Versuchsanordnung / Der Standard

Ein Haus geht baden Manfred Grübl und Werner Schrödl loten den Traum vom Haus und das Grundrecht auf Wohnen aus: Eine Aktion in zwei Teilen Wien/Attersee - In einer Stadt wie Wien, in der ein Gehsteigguerillero ist, wer sich zum privaten Schanigartenvergnügen ein Sesselchen aufs Trottoir rückt, sind Häuschen in einer Baulücke freilich große Utopie. Anders in der Türkei. Da darf das, was binnen eines Tages auf öffentlichem Grund errichtet wurde, auch stehenbleiben. Seit 1966 ist das Gecekondu-Gesetz (deutsch: "über Nacht"), das auf altem osmanischem Gewohnheitsrecht basiert, verankert. Es legalisiert die vielen informellen Siedlungen am Rande von Großstädten wie Ankara und Istanbul.

Mit einer Lkw-Ladung Abbruchholz startet am Montag auch in Wien nahe des Nordbahngeländes ein unkonventionelles Häuslbauprojekt. Die Künstler Manfred Grübl und Werner Schrödl greifen mit dem Projekt, das tags darauf am Attersee fortgesetzt wird, Debatten um die Nutzung des öffentlichen Raums, aber auch das Thema sozialer, aber nicht verankerter Grundrechte, wie etwa des Rechts auf Wohnen, auf.

Binnen eines einzigen Tages lassen sie aus verfügbaren Ressourcen wie billigem Holz und einem leeren Parkplatz den klassischen Traum vom Eigenheim entstehen, ein postmodernes Bauernhäuschen, das sich mit Satteldach einem ländlichen Baustil verpflichtet.

Da Wien allerdings kein Gecekondu kennt, müssen die flinken Häuslbau-Performer innovativer sein. Am Abend wird also das zusammengezimmerte, einfache, aber dennoch multifunktionale Häuschen (Betten als Beiboote, Liegewiese), auf einen Tieflader gepackt und an den Attersee verbracht. Denn das Holzhaus wird mit wenigen Schwimmkörpern zum primitiven Boot. Und als schwimmende Insel unterliegt das Heim einer anderen Rechtsprechung und ist als Boot auch leichter als eigenständige Lebensform auszurichten. Als "eine Art Anleitung zur Autonomie" sehen die beiden Künstler das Projekt Autarke Versuchsanordnung; deren Architektur drängt sich am See ganz unverfroren "in die erste Reihe". Ein primitives Haus in Bestlage, noch vor den Villen russischer Wochenendhäuslern.

Aber bevor das Haus am Dienstag in der Dunkelheit verschwindet, öffnet sich noch das klappbare Dach in den weiten Himmel.

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