Petra Amiel / Kunst der Erinnerung - Anna Politkowskaja / untitled 003

Eine nicht unähnliche Frage stellt der österreichische Künstler Manfred Grübl, der vor allem durch kunstsystemkritische Interventionen international bekannt geworden ist, in seiner Gedächtnisarbeit für die am 7. Oktober 2006 ermordete russische Journalistin Anna Politkowskaja. Die 1958 geborene Frau wollte zu einer Berichterstattung über die Geiselnahme in den Nordkaukasus reisen, als sie eine rätselhafte Vergiftung erlitt, für die sie den russischen Geheimdienst verantwortlich machte. Zwei Jahre später wurde sie im Lift ihres Wohnhauses in Moskau ermordet aufgefunden. Grübl macht etwas sehr Einfaches: Er bringt das überlebensgroße Porträtfoto von Politkowskaja hinter einer spiegelnden Oberfläche an, sodass der Betrachter im Ausstellungsraum sich selbst im Gesicht der ermordeten Russin sieht. Dadurch stellt er die Frage nach Verantwortung, Vergessen, Gedächtnis und kollektiver Schuldhaftigkeit buchstäblich in den Raum, ganz leise und mit großer Trauer.

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